Wir Marketingleiter sind dumm

Wir sind dumm, weil wir in unserer selbstherrlichen und selbstverliebten Art übersehen haben, dass uns der Konsument weit abgehängt hat. Wie Missionare beten wir unsere Produktgebete herunter, immer und immer wieder. Je austauschbarer und unattraktiver unsere Angebote sind, desto lauter schreien wir in den Markt hinaus: „Wir sind die Besten! Begreift ihr eigentlich nicht, welches Produkt ihr kaufen müsst? Seit nicht so beschränkt! Also gut, dann erklär ich es nochmals ganz langsam.“ Es steht ja in unserem Stellenprofil: verantwortlich für die Kommunikation, vertritt der Marketingleiter die Unternehmensinteressen und -ziele mit unternehmerischer Weitsicht und kreativem Engagement nach aussen…. bla bla bla. Wir sind also die Marktschreier unserer Firmen und müssen die Kunden dazu bringen, bei uns zu kaufen. Mit immer originelleren Methoden, versuchen wir unsere Opfer zu umgarnen, einzulullen mit wohlklingenden Worten und verführerischen Bildern. Wir kaschieren die Unzulänglichkeiten unserer Produkte in einem emotionalen Kokon. Mit schönen Frauen, süssen Kindern oder romantischen Landschaften erheben wir die Hochleistungs-Kolbenvakuumpumpe zu einem erfüllenden Lebensgenuss. Wir ziehen alle Register des Neuromarketings und bauen unsere Argumentationstürme in immer schwindelerregendere Höhen.

In der Zwischenzeit hat sich der Konsument von uns abgewandt, hat sich selbst organisiert. Er hat uns durchschaut, hat eine kollektive Intelligenz erreicht, die den einzigartigen Geist eines Marketingleiter bei weitem überflügelt. Wir schauen dem davonfliegenden Gut nach und unterhalten uns angeregt an einem der zahlreich besuchten Networking-Anlässe über die Komplexität des Marktes und die zunehmende Vielschichtigkeit der Marktsegmentierung. Wie Goldfische schauen wir mit grossen Augen und schnappenden Mäulern aus unserem Glas auf die vielen Menschen, die sich da Draussen angeregt über unsere Produkte unterhalten, sie bewerten, vergleich und verwerfen. Wir staunen über die fremdartige Technologie eines Facebooks oder von Twitter. Wir schauen einander an und sind plötzlich überzeugt, dass wir dringendst einen Kurs über Facebook-Marketing besuchen, oder noch besser organisieren sollten. Wir sind uns einig, dass diese Dinge sehr interessant sind und für die Zukunft eine gewisse Bedeutung haben könnten. Und wir fühlen uns wohl in der mit einem Mal herrschenden Solidarität innerhalb unserer Community. Marketingleute sind doch einfach cool, oder nicht?

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© Peter Waltenspühl, 2019

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