Wir sind Sklaven der roten Schlange

Ich sitze vor dem Bildschirm meines Macs. Meine Gedanken rasen und die Finger versuchen angestrengt, mit dem reissenden Fluss intellektueller Energie mitzuhalten. Wie beim Ausdrücken einer Zahnpasta-Tube reiht sich ein Wort an das andere, Wortlinien, Sätze und Abschnitte bilden sich. Da, völlig unvermittelt wie aus dem Hinterhalt ist sie da. Knallig und aufdringlich schlängelt sich die rote Schlange unter dem soeben eingetippten Wort. Ein beklemmendes Gefühl überkommt mich. Habe ich etwas Falsch gemacht? Wie ein Mahnmal leuchtet sie mir mit stoischer Ruhe entgegen. Ganz ruhig schreit sie mir zu: „da stimmt was nicht!“

Völlig irritiert bricht mein Gedankenfluss ab und ich lande auf dem steinigen Grund der orthografischen Realität. Hilflos überlege ich mir, weshalb ich ein Wort wie „Verliebtsein“ nicht gebrauchen darf. Na, ja mein schlaues Korrekturprogramm wird es wohl wissen. Lassen wir also diese unverständlichen Wortkreationen und wechseln zu einem geläufigeren Ausdruck wie zum Beispiel „Sympathie“. Nach zwei Anläufen steht auch dieses schwierige Wort endlich ohne rote Schlange in meinem Text. Zufrieden lehne ich zurück. Was wären wir nur ohne die rote Schlange, die uns auf dem Pfad der literarischen Erleuchtung hält…

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© Peter Waltenspühl, 2019

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